Teil 1 – Eine Seemannswirtin hat Spuren hinterlassen

50. Todestag von Tante Hermine, Hermine Brutschin-Hansen

Im August 2021 jährte sich der Todestag von Hermine Brutschin-Hansen, Wirtin der
Seemannskneipe „Zur Kuhwerder Fähre“ zum 50. Mal. Der Dichter Bern Hardy –
bürgerlich: Horst Bernhardi – hat Ihr dieses Gedicht gewidmet:

Gedicht „Epilog für eine Seemannswirtin“

Heut, auf den Tag genau, vor einem Jahr
tratest Du Deine letzte Reise an;
wir tranken bei Dir soviel Bier und Klare,
daß ein Dreitausendtonner darin schwimmen kann.
Wenn auch am Hafen unten das Getute
der Dampfer manchmal noch von Dir erzählt,
so ist mir doch seit Deinem Tod zumute,
als ob ein Stück vom alten Hamburg fehlt.
Du bist ein echtes Kind der Zeit gewesen
als es an Bord noch Segelmacher gab,
doch viel zu früh verholtest Du vom Tresen
an Deinen letzten Liegeplatz im Grab.
Trauert mit mir auch dieser oder jener
Seemann um Dich, den Du bemuttert hast,
die Zeit der Supertanker und Container
hat einfach nicht mehr recht zu Dir gepaßt.
Wie oft hab‘ ich seither das Glas erhoben,
trank Dir im Geiste zu und glaube fast,
daß Du, Hermine, irgendwo dort oben
schon wieder Deinen Platz am Tresen hast.
Wie wär‘ der Himmel ohne Seemannschenken,
wo man nach allerletzter Fahrt verweilt?
Der Herrgott hat – so könnte ich mir denken –
Dir längst die Konzession dafür erteilt.
Kommt auch für mich die Zeit in See zu stechen
zur letzten Fahrt – wer von uns weiß, wie bald? –
will ich bei Dir die erste Nacht durchzechen.
Stell immer schon die Buddels dafür kalt!
Dann können wir, wie einst in Erdentagen,
als ich von See zurück, bei Dir gewesen bin
und hört‘ Dich schon beim Abschied wieder sagen:
„Tschüß denn, mien Jung, kiek mol wedder in!“

Bern Hardy, Epilog für eine Seemannswirtin, in: Lockruf der See, Koehlers kleine
Seebücherei, ISBN 3-7822-0077-2

KE 06-04-2022